Die gemeinsame Reise von Cuba und mir begann im Frühjahr 2010, als ich sie nach einer Beschlagnahmung durch die Polizei und das Veterinäramt übernommen habe. Mit nur 4 Monaten hatte sie schon eine Menge negative Dinge erfahren müssen und unglückliche Lernerfahrungen gemacht. Durch Cubas Einzug bei meinem Partner und mir begann eine spannende Zeit. Es folgten Herausforderungen, Hindernisse, positive und negative Erfahrungen und eine Zeit der völligen Hilflosigkeit und Überforderung. Aber natürlich war es auch eine Zeit des Lernens, des Zusammenwachsens und letztendlich erlebten wir wunderbare Augenblicke miteinander.
Für die gemeinsame Achterbahnfahrt bin ich heute dankbar, denn zurückblickend habe ich wertvolle Dinge gelernt und konnte als Person wachsen. Die Zeit mit Cuba hat mich selbstbewusster gemacht. Ich musste lernen, für meinen Hund und mich einzustehen und mit erhobenem Haupt herausfordernde Situationen zu meistern. Herausfordernde Situationen waren für uns beispielsweise gewisse Hundebegegnungen an der Leine, bei denen eine für Cuba kritische Distanz unterschritten wurde und die sie zu einer nach aussen vermeintlichen Bestie machten. Die Gelassenheit, derartige Situationen souverän und ruhig zu meistern wuchs und im Gegenzug hatten wir immer seltener solche Begegnungen. Rechtfertigungen gegenüber anderen gewöhnte ich mir ab, denn für Cuba und mich stimmte der Weg, den wir eingeschlagen hatten auch wenn einige behaupteten, ich sei zu nett zu meinem Schäferhund gewesen. Besserwisserische Kommentare «der musst du nur mal zeigen, wer der Chef ist» und gutgemeinte Ratschläge von Bekannten, fremden Hundehaltern und selbsternannten Erziehungsprofis («da muss sie einfach durch, sonst lernt sie das nie») konnte ich immer besser ignorieren und zuletzt sogar mit einem Lächeln überhören.
Ich war und bin stolz auf Cuba und ihre Persönlichkeit und ich wage zu behaupten, dass ich dank ihr auch in anderen Lebensbereichen mehr Selbstvertrauen gewonnen habe und souveräner durch den Alltag gehe. Meine Geduld wurde in den 12 Jahren, die Cuba und ich gemeinsam verbracht haben, oft auf die Probe gestellt. Als eher ungeduldige Person, die sich schnell mal auf die Palme bringen lässt, musste ich mich in Gelassenheit und Akzeptanz üben z.B. zu akzeptieren, dass die Katze meiner Mutter auf ewig ein rotes Tuch für Cuba sein würde. So lernte ich, Rückschritte im Training gelassen hinzunehmen und Cubas Grenzen zu akzeptieren. Meine Augen wurden geöffnet für die hündischen Bedürfnisse und ich wurde achtsamer und ruhiger. Anstatt den Fokus auf eine gute Erziehung des Hundes zu legen, richtete ich mein Augenmerk vermehrt auf eine gute Beziehung zwischen Hund und Mensch. Obwohl ich Geduld immer noch nicht zu meinen persönlichen Stärken zählen würde, kann ich mit gutem Gewissen behaupten, dass ich in vielen Lebensbereichen geduldiger geworden bin. Cuba hat also in gewisser Weise meine Frustrationstoleranz erhöht und wir haben gemeinsam an unserer Impulskontrolle gearbeitet. Ich bin eine sehr feinfühlige und empathische Persönlichkeit, vor allem wenn es um Tiere geht (vermutlich habe ich mich deshalb für den Tierpflege-Beruf entschieden). Gegenüber meinen Mitmenschen hat es mir dagegen manchmal an Toleranz und Duldsamkeit gefehlt. Durch den Weg mit Cuba entwickelte ich jedoch ein wachsendes Verständnis gegenüber anderen Hundehaltenden und Nicht-Hundehaltenden. Ich versuchte, weniger wertend durch die Welt zu gehen – denn schliesslich freute und freue ich mich ja auch stets über verständnis- und respektvolle Begegnungen. Das hat mich zu einem positiveren Menschen gemacht und ich versuche stets, tolerant und offen zu bleiben. Das gelingt mir natürlich nicht immer, aber ich bemühe mich :-)
Cuba hat mir beigebracht, weniger nachtragend zu sein. Auch wenn es nicht beabsichtigt war, so hat Cuba mit mir doch die ein oder andere Erfahrung gemacht, die ich ihr im Nachhinein gerne erspart hätte. So habe ich zwar nie körperliche Gewalt angewendet, aber sie dennoch durch gewisse «Erziehungsmethoden» und Fehler meinerseits verunsichert. Nachdem ich mir Hilfe gesucht hatte und wir sozusagen noch einmal von vorne angefangen haben, konnte sich Cuba sofort darauf einlassen. Sie hegte keinen Groll gegen mich, sondern sie lernte, mir wieder zu vertrauen. Wir wurden zu einem großartigen Team und auch Rückschläge konnten daran nichts ändern. Diese Grossherzigkeit werde ich Cuba nie vergessen und ich versuche mittlerweile, dies auch in zwischenmenschlichen Beziehungen zu leben. Je älter Cuba wurde, desto gemütlicher wurde unser Alltag. Sie hat mich sozusagen «entschleunigt». Ausserdem wuchs mein Bewusstsein dafür, jeden Moment zu geniessen. Die Spaziergänge wurden gemütlicher, Cuba war nicht mehr so schnell aus der Ruhe zu bringen. In dieser Zeit des Älterwerdens wuchs Cuba mir jeden Tag noch mehr ans Herz – ihre Weisheit, ihre charmanten «Altersmarotten», ihre einfache Anwesenheit waren Balsam für die Seele.
Auch wenn sich unsere Wege zu früh getrennt haben und der Gedanke daran mir immer noch einen Stich versetzt, so bin ich unglaublich dankbar, dass ich sie bis zum Schluss begleiten durfte. Sie war eine wunderbare Lehrerin und hat mich – auch wenn es kitschig klingt – zu einer besseren Version von mir selbst gemacht.